Wie wird man Augustiner Chorfrau?

"Alles beginnt mit der Sehnsucht" - so formulierte es Nelly Sachs. Und so beginnt auch das Klosterleben mit der Sehnsucht nach dem "Mehr", nach Gott. Eine geistliche Berufung ist nicht plötzlich da und ganz klar und eindeutig, sondern sie entsteht ganz langsam tief im Inneren und man muss ihr Zeit lassen zu wachsen und zu gedeihen.

 

Jeder Mensch hat seine eigene Berufungsgeschichte - sei es zum Leben als Ordensschwester, als Mutter, als Arzt - und jeder erlebt seine Berufung anders. Fragen und Zweifel gehören dazu und helfen, auf dem Kurs zu bleiben und seine Berufung immer wieder neu zu überdenken. Dazu soll auch die Probezeit im Kloster dienen: man hat mindestens 5 Jahre Zeit, sich immer wieder neu die Frage zu stellen, ob man seiner Berufung im Kloster gerecht wird, bevor man eine endgültige Entscheidung trifft und die ewige Profess ablegt. "Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir." - Diese Worte des hl. Augustinus drücken aus, dass der Mensch immer auf der Suche ist und bleibt und dass Gott das Ziel unserer Sehnsucht ist.

Kennenlernen

An erster Stelle steht eine Kontaktaufnahme. Man lernt die Gebetszeiten/Gottesdienste sowie einzelen Schwestern kennen. Für Interessierte am Ordensleben sind jederzeit Gastaufenthalte möglich, die helfen, der eigenen Berufung auf die Spur zu kommen. Man kann einen Blick "hinter die Kulissen" werfen und am klösterlichen Leben teilnehmen.
Verstärkt sich der Wunsch, sein Leben in der engeren Nachfolge Jesu zu gestalten, kann man sich einer Schwester anvertrauen und mit ihr darüber sprechen. Da jede von uns einmal in dieser Situation war, können die Schwestern Ratschläge geben, wie man sich seiner Berufung sicherer werden kann.

Postulat

Wenn eine junge Frau sich entschließt, den Eintritt ins Kloster zu wagen, gibt sie so eine Antwort auf den lockenden Ruf Gottes. Während der Zeit des Postulates, das in der Regel ein Jahr dauert, lebt sie in ziviler Kleidung im Kloster und nimmt am klösterlichen Leben teil. Sie lernt die Schwestern und das Chorgebet intensiver kennen und übernimmt einige Aufgaben im Alltag. Während der Zeit des Postulates wird sie von einer Schwester begleitet, die ihr dabei hilft, sich mit ihrer Berufung auseinanderzusetzen und das eigene Glaubensleben sowie das Gottesbild zu reflektieren. Darüber hinaus nimmt sie an überregionalen Seminaren für Ordensausbildung teil.

Noviziat

Nach Ablauf des Postulates kann sie um die Aufnahme ins Noviziat bitten. Das Kapitel (alle Schwestern mit ewiger Profess) stimmt über den Antrag ab und die junge Frau erhält bei der Einkleidung das Ordenskleid mit weißem Schleier und auf Wunsch einen Ordensnamen. Die Novizin soll nun immer tiefer in die Gemeinschaft hineinwachsen und ihre Berufung überprüfen. Sie macht sich - gemeinsam mit einer Mitschwester - mit der Augustinusregel und unseren Konstitutionen vertraut, lernt unsere Ordensgeschichte und -spiritualität kennen, befasst sich mit dem Stundengebet und setzt sich mit den vier Gelübden auseinander. Auch macht sie kurze "Praktika" in allen Arbeitsbereichen des Hauses und verbringt jeweils 2-3 Wochen in den anderen Klöstern unserer Föderation, um die Schwestern und das Gemeinschaftsleben dort kennenzulernen. Ein weiteres Ziel ist es auch, Zeiten der Meditation und Schriftbetrachtung zu halten und verschiedene Gebetsformen kennenzulernen. Während des kanonischen Jahres lebt die Novizin eher zurückgezogen im Konvent und verbringt mehr Zeit in Stille, um ihre Berufung zu überprüfen. Da auch der Austausch mit anderen jungen Ordensleuten für den eigenen Berufungsweg wichtig ist, nimmt sie weiterhin an überregionalen Seminaren, die der Ordensausbildung dienen, teil.

Zeitliche Profess

Entschließt sich die Novizin nach Ablauf des Noviziats zu bleiben, so kann sie das Konventkapitel darum bitten, die zeitliche Profess ablegen zu dürfen. Dies geschieht im Rahmen einer hl. Messe. Bei dieser Feier erhält die Neuprofesse als äußeres Zeichen den schwarzen Schleier. Durch die Gelübdeablegung verpflichtet sich die Schwester, nach dem Geist der evangelischen Räte (Armut, Gehorsam, jungfräuliche Keuschheit) zu leben und unseren Erziehungsauftrag wahrzunehmen und bindet sich für eine befristete Zeit, für drei Jahre, fest an unser Kloster.

 

Mit der Ablegung der zeitlichen Profess beginnt das Juniorat. In dieser Phase kann beispielsweise eine Berufsausbildung oder ein Studium weitergeführt und beendet werden. „Die Jahre der zeitlichen Profess dienen [zudem] der weiteren Prüfung und Vertiefung im Hinblick auf das Leben aus den Gelübden und die Aufgaben unseres Ordens. Während dieser Zeit sollen lebendiger Glaube und Bereitschaft zum apostolischen Dienst, Fähigkeit zum Leben und Arbeiten in der Gemeinschaft sowie Selbstständigkeit und Ausgeglichenheit wachsen.“ (Konstitutionen III, 168)

Ewige Profess

Nach Ablauf dieser drei Jahre kann die Schwester die zeitliche Profess entweder verlängern (insgesamt bis zu 9 Jahre) oder die ewige Profess ablegen. Dadurch weiht sie sich Gott und bindet sich dauerhaft an die Gemeinschaft. Die Feier der ewigen Profess findet ebenfalls im Rahmen einer heiligen Messe statt. Während der Allerheiligenlitanei streckt sich die Profitentin als Zeichen ihrer Ganzhingabe an Gott auf dem Boden aus. Erst nach der ewigen Profess ist sie ein voll verantwortliches Mitglied der Gemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten, d.h., dass sie beispielsweise an Konventswahlen teilnehmen und selbst auch in ein Amt gewählt werden kann.

 

Vom Zeitpunkt des Eintritts bis zur Ablegung der Profess auf Lebenszeit vergehen also mindestens fünf Jahre, in denen die junge Schwester ihre Entscheidung für das Klosterleben immer wieder neu überdenken und überprüfen kann. So kann sie auch ihr JA immer wieder neu sagen.

 

 

Hab also Mut zu dir selbst im Vertrauen auf Gott. Und: Ordensleben lohnt sich!

   Du wagst dein Ja ... und erlebst einen Sinn,
   du wiederholst dein Ja ... und alles bekommt Sinn.
      Wenn alles Sinn hat,
      wie kannst du anders leben als ein Ja?
         Ja zu Gott – ja zum Schicksal und Ja zu dir selbst.
         Wenn das Wirklichkeit wird,
            dann mag die Seele verwundet werden,
            aber sie hat die Kraft zu genesen.

                              (Dag Hammarskjöld)